Empty Nest

Das Empty Nest tut weh: Eltern allein zu Hause

Empty Nest: Wenn Kinder endgültig ausziehen, können vor allem Mütter seelisch krank werden

„Ich schaffe das.“ Claudia war überzeugt, dass sie tapfer bleiben würde, wenn auch ihr drittes Kind endgültig das Elternhaus verlässt. Es ist schließlich ganz normal, dass Kinder flügge werden, sagte sie sich. Claudia und ihr Mann haben zwei Jahrzehnte alles daran gesetzt, ihren Nachwuchs zur Selbstständigkeit zu erziehen. Sie wissen schon lange, was auf sie zukommt. Hatten genug Zeit, sich darauf vorzubereiten. Doch jetzt, als die Tochter im vollgepackten Möbelwagen neben ihrem Freund langsam die Straße ihrer Kindheit herunterfährt und fröhlich aus dem Fenster winkt, kommen der Mutter die Tränen. Sie kämpft mich sich. Versucht sich einzureden: „Es ist doch schön, wenn die Kinder endlich auf eigenen Füßen stehen.“ Leider gilt das für sie nur theoretisch.

Theoretisch gut, aber es tut trotzdem weh

In der Praxis ist es einfach schmerzhaft. In den nächsten Wochen und Monaten geht es der 56-Jährigen nicht gut. Die Stille im Haus, die innere Leere. „Manchmal könnte ich verrückt werden“, sagt sie. Das Empty-Nest-Syndrom kann tatsächlich krank machen. Eine Studie der London School of Economics, an der mehr als 50 000 Mütter und Väter über 50 Jahre teilnahmen, zeigte, dass Eltern mit den Symptomen seelischer Krankheiten zu kämpfen haben, wenn die Kinder sie endgültig verlassen.

Empty Nest: Abschied ist keine Krankheit

Der Abschied ist zwar keine Krankheit, er kann aber depressive Neigungen verstärken, die bereits vorhanden sind. Das gilt vor allem für Mütter. Ein Besuch beim Arzt endet oft mit Tabletten statt mit Gesprächen. Ratschläge wie „Jetzt musst du dich neu erfinden – Starte doch noch mal richtig durch – Genieß die Zeit für dich“ helfen kurzfristig meist nicht weiter, denn kaum jemand kann sich mal eben neu erfinden. Vor allem nicht in bedrückenden Phasen des Lebens. Doch ein bisschen ist an den Parolen dran. Nach der ersten Zeit der Trauer ist es hilfreich, sich neue Aufgaben zu suchen statt über das eigene Schicksal zu klagen. Das Kinderzimmer zu renovieren und für eigene Interessen zu nutzen, hat dabei mehr als symbolischen Charakter. Doch auch im Beruf, beim Hobby, in Vereinen oder im Ehrenamt ist ein Neustart möglich.

Vielleicht wird die Ehe jetzt sogar besser

Für viele Paare ist es die Zeit des Erwachens. Zwanzig Jahre bestimmten die Kinder den Lebensrhythmus und die Themen, sodass selten Zeit für Zweisamkeit blieb. Wenn die Ehe die Leeres-Nest-Krise übersteht, kann sie sogar besser werden: Reisen ohne quengelnde Kinder, Gespräche ohne Unterbrechungen, kein Ärger mehr über liegengelassene Klamotten oder schlaflose Nächte, weil Pubertierende bis in die Puppen unterwegs sind. Es lohnt, sich all diese Vorteile immer mal wieder ins Gedächtnis zu rufen. Und dann gibt es auch noch eine beglückende Zukunftsperspektive. Eltern bleiben immer Eltern und Kinder immer Kinder. Nur die Beziehung ändert sich. Gelingt es, so etwas wie eine gleichberechtigte Freundschaft aufzubauen, werden die Kinder gerne als Besucher zurückkehren.

Foto: Albert

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