Tanzen

Tanzen: Schwitzer, Zähler, Besserwisser

Leidenschaftlich tanzen ist keine Frage des Alters, sondern des richtiges Partners

VON JULIA JENSEN

Tanzen! Auf High Heels, umschwingt von Glitzerfransen, den Dancefloor erobern. In den Armen meines heißblütigen Partners den Rausch der Musik spüren. Leichtfüßig, sexy, selbstbewusst, bewundert und begehrt. Seit dem Tanzfilm „Carmen“ weiß ich, dass in mir eine Leidenschaft glüht, seit „Footloose“, dass es ein harter Weg ist, seit meinen eigenen Versuchen, dass Traum und Realität zwei verschiedenen Paar Tanzschuhe sind.

Partnerwahl: Männer wollen mich belehren

Mit 30 belegte ich meinen ersten Salsakurs und scheiterte an den Männern. Alles keine Traumtänzer. Sie zählten verbissen oder belehrten mich pausenlos. Sie ließen mich aus ihren schweißnassen Händen rutschen, so dass ich mich in fremden Tanzpaaren verfing. Sie drehten mich unter ihren muffigen Achseln hindurch und ich bekam ein ganz neue Vorstellung von Dirty Dancing. Das Projekt schlief ein.

Tanzen: Beschwingt von der Liebe

Mit 40 verliebte ich mich in einen Spanier. Seine Führungsqualitäten in unserem Verhältnis waren besorgniserregend. Doch wenn wir Salsa tanzten, schwebte ich, beflügelt von der Liebe, übers Parkett. Mir reichte das nicht. Ich wollte dazu lernen, ihn mit meinem Können überraschen. Er spürte mich im Tanzstudio auf, sah mich in den Armen eines anderen Mannes und zerrte mich aus dem Saal. Mit dem Ende der Liebe versiegten auch meine Salsa-Ambitionen.

Mit 50 schrammte ich haarscharf an einer Depression vorbei. Job weg, Mann weg, Kind ausgezogen. Das war einfach zu viel. Aber ich hatte Zeit – und begann wieder zu tanzen.

Salsa holte mich aus dem Tief

Mein Tanzpartner, Safi, sehr jung, sehr schön, sehr klein, und ich gaben zwar ein ungleiches Paar ab, hatten nach anfänglicher Schüchternheit aber viel Spaß miteinander. Gewissenhaft tanzten wir uns durch die Übungen. Der Lehrer war lustig, die Leute gut gelaunt und ich glücklich. Die Konzentration auf die Musik, meine Füße und die meines Partners ließen keinen Raum für Trübsinn. Uno, dos, tres – die Schritte führten mich aus dem Tief. Nach jeder Stunde fuhr ich beseelt nach Hause.

Tanzen für Fortgeschrittene

Bald fühlte ich mich bereit für das nächste Level. Doch irgendetwas stimmte nicht. Erst konnte ich mir die neuen Schritte nicht merken, dann vergaß ich auch die, die ich eigentlich beherrschte. Dabei hilft Tanzen doch gegen Demenz. Statt stimmungsvollem Salsa-Feeling breitete sich Verzweiflung in mir aus. Ich stolperte bei den Drehungen und verlor die Männer aus den Augen. Wahrscheinlich versteckten sie sich vor mir im Tanzgetümmel. Sei locker, zeig deine ,feministische‘ Seite!, forderte einer und veranschaulichte seine Forderung mit femininen Armschwüngen. Ich wurde immer steifer, mein Hüftschwung blieb in einer Lendenwirbelblockade stecken. Als mir einer der Herren nach dem Tanz mitleidig über den Rücken strich und zur Nächsten zog, wollte ich die Sache beenden. Runter vom Parkett, rauf aufs Sofa. Deprimiert grübelte ich: Die Schwitzer, Zähler und Besserwisser hatten Recht. Mich zu bewegen war schweißtreibend, ihr monotones „eins, zwei, drei“ sollte mich im Takt halten, ihre Anweisungen waren gut gemeint! Ich war ein Kartoffelsack auf zwei Beinen. Salsatanzen hatte mich aus dem Tief geholt, jetzt zog es mich wieder hinein. Aus der Traum.

Einmal noch: Ich will tanzen

Einmal noch. Entweder ich blamiere mich ein letztes Mal oder ich lass es für alle Zeiten. Diesmal hatte ich Glück. Kai, ein fröhlicher und entspannter Tänzer, wollte einfach nur Spaß haben. Und er konnte gut tanzen! Uno, dos, tres – meine Füße erinnerten sich wieder. Die Musik ging direkt in den Körper, der Kopf machte Pause. Ich beschloss weiter zu tanzen. Alles eine Frage der Übung. Vielleicht trefft ihr mich noch mit 80 auf High Heels, umschwingt von Glitzerfransen, auf dem Dancefloor.

Foto: pixabay.com

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