Kinder haben Ängste, von denen Eltern nichts ahnen. Mit Phantasie können sie sich selbst Mut machen
Mitternacht. Amelie steht atemlos am Bett ihrer Eltern. Die Vierjährige ist untröstlich: „In meinem Zimmer ist ein Gespenst.“ Papa grummelt müde und dreht sich weg. „Nicht schon wieder“, murmelt Mama mit Blick auf die Uhr. „Du weißt doch, dass es keine Gespenster gibt.“ Amelie weint. Sie traut sich nicht zurück in ihr Bett. Mama begleitet sie schließlich, um im Kinderzimmer den Beweis anzutreten, dass dort weit und breit niemand ist. „Es kommt nur, wenn ich allein bin“, sagt Amelie leise.
Selbstvertrauen gewinnen
Ihre Mutter will nichts davon hören: „Das ist doch Quatsch.“ Am nächsten morgen finden die Eltern ihre Tochter in einer Höhle. Amelie hat ihr Bett mit Decken verhängt. „Da sieht das Gespenst mich nicht“, erklärt sie und lächelt versonnen. Das Kind ist zufrieden, und ihre Eltern können das auch sein. Denn die Kleine hat sich selbst geholfen – mit der Kraft ihrer Phantasie hat sie die Ängste besiegt, die durch die Kraft ihrer Phantasie entstanden sind. Das macht Amelie Mut, gibt ihr Selbstvertrauen und nimmt ihr die Furcht.
Ein Zeichen für altersgemäße Intelligenz
Kreativität, Vorstellungskraft, Phantasie, Zauber und Magie sind wichtig für Kinder, um die Realität zu verarbeiten. Sie zeigen, dass ein Kind eigenständig produktiv wird und sich selbst vor Bedrohungen schützen kann. Eltern müssen sich nicht sorgen, dass ein phantasiebegabtes Kind sich in Tagträume flüchtet oder die Realität falsch wahrnimmt, wenn es die geistige Kraft hat, sich selbst zu „verzaubern“. Diese Art des Denkens ist ein Zeichen für altersgemäße Intelligenz. Wie können Erwachsene das fördern?
Phantasie-Geschöpfe einbinden
Schon mit Zwei- bis Vier-Jährigen können Eltern zu überraschenden Konfliktlösungen kommen, wenn sie Verständnis für die magische Sichtweise der Kinder zeigen. So bildete zum Beispiel Elias (3) sich einen unsichtbaren Freund ein, der nachts durchs Fenster zu ihm flog. Im Gespräch brachten die Eltern ihren Sohn auf die Idee, dass dieser Freund sich ja ein Schwert anschaffen könne, um Elias vor Monstern zu beschützen, vor denen er große Angst hatte. Der Trick funktionierte. Elias verlor seine Angst vor Monstern.
Mit Märchen gegen die Angst
Die Eltern konnten es gar nicht so recht glauben. Obwohl Klara (4) sich vor „Hänsel und Gretel“ fürchtete, wollte sie das Märchen immer wieder hören. Kein Wunder: Kinder spüren, dass die Angst schwindet, wenn sie sich ihr bewusst stellen. Märchen gegen die Angst sollten einfach und klar sein und ein gutes Ende haben. Sie sollten in einer Atmosphäre erzählt werden, in der die Kleinen sich geborgen fühlen. Die Kinder dürfen sie ruhig immer wieder hören – so lange, bis sie es selbst nicht mehr wollen. Das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass die Angst besiegt ist.
Fang- und Suchspiele machen mutig
Wenn Lotta (3) sich beim Versteckenspielen hinters Sofa duckt und – in Anbetracht der Tatsache, dass sie entdeckt werden könnte – vor Aufregung zittert, steckt die Lust dahinter, die eigene Angst auszukosten. Am Ende wird das belohnt; Lotta ist „gefangen“ und merkt, dass das gar nicht so schlimm ist. Sie ist von ihren Ängsten erlöst. Fang- und Suchspiele machen Kinder mutig.
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