Jetzt aber raus: Der Zauber des Spazierengehens

Frischluft tanken, Stress abbauen, kreativ werden – Warum Laufen ohne Sinn so gut tut

Leidenschaftliche Spaziergänger wussten es schon immer. Für Laufmuffel hat der Lockdown in Corona-Zeiten es an den Tag gebracht: Spazierengehen, also herumlaufen, ohne etwas zu erledigen, ist mehr als ein bisschen Bewegung mit Frischluft-Schnappen. Über die Hälfte der Deutschen gab in Umfragen an, während der Homeoffice-Zeit häufiger spazieren zu gehen. Dafür gibt es viele gute Gründe. Laufen ohne Ziel ist gesund, baut Stress ab, macht kreativ und den Kopf frei.

Gehen geht überall und kostet nichts

Der klare Vorteil gegenüber anderen Sportarten: Gehen geht überall und kostet nichts. Keine große Planung, keine teure Ausrüstung, keine lange Anreise und garantiert keine Parkplatzprobleme. Haustür auf, raus, Haustür zu, und das kleine Abenteuer vor der Tür beginnt. Die Aufraffhürde ist gering. Man kann ja immer wieder umkehren. Spaziergänge sind nicht nur am Tag oder in der hellen Jahreszeit eine Wohltat. Man kann auch im tiefen Winter lange nach Feierabend noch starten und zum Beispiel die winterlich beleuchtete Stadt erkunden.

Mit den Gedanken spazieren gehen

Kreative machen sich die schönen Nebenwirkungen gerne zunutze. „Sobald sich meine Beine bewegen, beginnen meine Gedanken zu fließen“, erkannte der amerikanische Schriftsteller Henry David Thoreau im 19. Jahrhundert. Der Philosoph Jean-Jacques Rousseau schrieb: „Ich kann nur im Gehen denken; sobald ich stehen bleibe, denke ich nicht mehr, mein Kopf arbeitet nur mit den Füßen gleichzeitig.“ Und auch der deutsche Dichter Christian Morgenstern ließ seinen Ideen offenbar gerne an der frischen Luft freien Lauf. „Gedanken wollen oft – wie Kinder und Hunde –, dass man mit ihnen im Freien spazieren geht.“

Gut bei Konflikten und im Brainstorming

Auch bei Konflikten, im Brainstorming, beim Lernen und in kreativen Prozessen im Beruf oder im Privaten hat sich das Gehen bewährt. Wer kennt das nicht? Da grübelt man lange herum, findet keine Lösung, kommt nicht weiter. Die Konzentration lässt nach, und langsam steigt Ärger auf. Also erst mal ein bisschen raus, den Kopf frei kriegen. Und während man vor sich hin läuft, kommt plötzlich ein rettender Gedanke wie von allein.

Walking Meeting: Kreativ im Laufschritt

Oder Lösungen ergeben sich im Gespräch mit anderen. Nicht umsonst ist das sogenannte Walking Meeting in der Arbeitswelt im Trend. Dabei treffen sich Führungskräfte nicht am Konferenztisch, sondern versuchen, ihre Gedanken im Laufschritt auszutauschen. Apple-Gründer Steve Jobs, Facebook-CEO Mark Zuckerberg und der ehemalige US-Präsident Barack Obama gehören zu den Trendsettern in Sachen Walken und Talken – nicht nur gegen Rückenschmerzen vom vielen Sitzen, sondern auch für mehr Output mit Pausenfeeling. Das funktioniert allerdings nur zu zweit oder in sehr kleinen Gruppen.

Bewegung bringt das Hirn auf Zack

Der Erfolg basiert nicht auf subjektiven Gefühlen. Studien zeigen: Wer läuft, kann besser denken und lernen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass körperliche Aktivität zusätzliche Energie freisetzt, die das Blut schneller zirkulieren lässt und das Gehirn auf Zack bringt. Schon kurze Bewegungspausen können die Reaktionszeit, das Konzentrationsvermögen, die Schnelligkeit beim Wechsel zwischen verschiedenen Aufgaben und andere kognitive Leistungen um fast 25 Prozent verbessern, fanden Wissenschaftler der Universität Illinois heraus. In anderen Versuchen zeigte sich, dass Probanden doppelt so viele Ideen entwickeln, wenn sie einen Fuß vor den anderen setzen dürfen.

Stressabbau durch Draußensein

Homeoffice, Klimaanlage, Heizung, Bildschirm und nochmal Bildschirm – einen großen Teil unseres Lebens verbringen wir sitzend drinnen und haben dabei keinen Anlass, das Haus auch mal zu verlassen. Wind um die Nase? Sonne auf der Haut? Vogelgezwitscher im Ohr? Regentropfen im Gesicht? Draußen sein und sich ein bisschen bewegen ist Balsam nicht nur für Schreibtischtäter. Zum Stressabbau reichen 20 bis 30 Minuten. In dieser Zeit senkt sich der Cortisolspiegel schon allein dadurch, dass man an der frischen Luft ist.

Lange Liste mit gesundheitlichen Vorteilen

Darüber hinaus ist die Liste der gesundheitlichen Vorteile lang. Laufen an der Luft stärkt das Immunsystem und den Kreislauf, hält das Herz gesund, senkt den Blutdruck, produziert Glückshormone und macht auf angenehme Weise müde, was die Schlafqualität fördert. Spaziergänge wirken vorbeugend und senken das Risiko für viele Zivilisationskrankheiten. Selbst Ängste und Depressionen werden weniger, wenn man mehr läuft.

Foto: @Fri/mari-online

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