Ziehen im Bauch: Wie erkennt man einen Leistenbruch?

Wenn Gewebe durch die Bauchwand austritt – Leistenbruch ist ein typisches Männerleiden

Leistenbruch? Das klingt bedrohlich – und kann es tatsächlich auch sein. Auch wenn der Bruch (medizinisch Hernie) nicht immer dramatisch ist, sollte man damit auf jeden Fall zum Arzt gehen. Meist kommt es nach schwerer körperlicher Arbeit mit Heben oder Pressen zum Leistenbruch. Dann tritt Gewebe durch eine Bruchpforte aus dem Bauchraum hervor. Betroffene bemerken das an einer tastbaren Wölbung in der Leistengegend. Häufig verursacht der Bruch zunächst nur ein Ziehen oder leichtes Druckgefühl. Das ist erst einmal nicht allzu schlimm.

Komplikationen treten selten auf

„Leistenbrüche bei erwachsenen Männern führen nur selten zu Komplikationen. Dennoch sollten Patienten einen Leisten- oder Bauchwandbruch untersuchen lassen und sich einen ärztlichen Rat einholen“, sagt Dr. Thomas Wilhelm (Bild oben), Chefarzt der Chirurgie II – Allgemein- und Visceralchirurgie am St. Vinzenz-Hospital in Köln. Bei stärkeren Schmerzen kann es gefährlich werden. Dann die sprechen dafür, dass herausgetretenes Gewebe, beispielsweise eine Darmschlinge, eingeklemmt oder gar abgeschnürt wurde. Dann ist sofort eine Notoperation erforderlich, um Komplikationen wie einen Darmdurchbruch zu vermeiden.

Leistenbruch häufiger bei Männern

Männer leiden aufgrund ihrer Anatomie acht- bis neunmal häufiger unter Leistenbrüchen als Frauen. „Das liegt am Leistenkanal in der Bauchwand, der bei der Entwicklung männlicher Babys offen steht, damit die Hoden durch die Bauchwand hindurchtreten können, bis sie im Hodensack ankommen“, erklärt Dr. Thomas Wilhelm. Wächst der Kanal nicht weit genug wieder zu, entsteht eine Schwachstelle, die ein Leben lang einen Leistenbruch begünstigen kann. Im Säuglingsalter treten Leistenbrüche relativ häufig auf, da sich der Kanal manchmal erst in den ersten Lebensmonaten schließt. Später leiden vorwiegend ältere Männer darunter. Sie haben meist eine schwächere Bauchwand, deren Gewebe leichter durchbricht, wenn der Druck von innen höher wird. Dann kann ein Leistenbruch schon durch Husten oder Niesen entstehen.

Sport kann Schmerzen verursachen

Doch auch bei jungen Männern kann es zu einem Bruch in der Leistengegend kommen. Besonders Bodybuilder setzen ihre Bauchwand häufig extremen Belastungen aus, sodass das Risiko einer Hernie steigt. Ebenso kann es bei Fußball- oder Eishockeyspielern gelegentlich zu Schmerzen im Leistenbereich kommen. Dr. Thomas Wilhelm: „In der Regel bemerken Patienten die Schmerzen direkt nach dem Sport. Sie lassen sich auf eine Reizung der Nerven im Leistenkanal zurückführen, die auftritt, wenn der Bauchinnendruck immer wieder erhöht wird.“ Auch Muskel- oder Sehnenzerrungen können zu solchen Beschwerden führen. Mediziner sprechen hier häufig von einer Sportlerleiste.

Schwangerschaft erhöht Risiko

In selteneren Fällen kommt es auch bei Frauen zu Leistenbrüchen. Gewebeschwäche und Fettleibigkeit erhöhen auch bei ihnen das Risiko. Außerdem kann ein erhöhter Bauchdruck in der Schwangerschaft der Auslöser sein. Häufiger treten bei Frauen allerdings Schenkelbrüche auf. Sie ähneln einem Bruch in der Leiste, da die Schmerzen ebenfalls in diesen Bereich ausstrahlen. Bei einem Schenkelbruch bricht ein Teil der Eingeweide durch eine Lücke unterhalb des Leistenbands zwischen Beckenknochen und Schambein.

Bei Verdacht auf Leistenbruch zum Arzt

Bei Kleinkindern und Frauen beheben Ärzte den Vorfall immer operativ. Männer im Erwachsenenalter werden individuell beraten und entweder zunächst beobachtet oder – insbesondere bei einsetzenden Schmerzen oder einem größer werdenden Leistenbruch – operiert. „Wir öffnen die Leiste mit einem minimalinvasiven Eingriff oder direkt mit einem Schnitt, verlagern das Gewebe dann zurück in den Bauchraum, verschließen die Bruchpforte und verstärken die Bauchwand mit einem Kunststoffnetz“, erklärt Dr. Thomas Wilhelm. Je nach Material verwächst dieses Netz mit der Umgebung oder löst sich teilweise auf. Zur Vorbeugung raten Ärzte, Übergewicht abzubauen und Über- oder Fehlbelastungen zu vermeiden.

Weitere Informationen unter www.vinzenz-hospital.de

Foto: St. Vinzenz-Hospital

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