beleidigt

Die fiese Waffe der Beleidigten: „Jetzt habe ich schlechte Laune“

Wer sofort einschnappt, greift an, ohne ein Risiko einzugehen. Wie geht man am besten damit um?

Es gibt Menschen, vor denen nehmen wir uns besser in Acht. Ein falsches Wort, und sie schnappen ein. „Wenn ich das meinem Mann sage, ist sofort dicke Luft.“ – „Habe ich als Kind nicht gemacht, was meine Mutter verlangte, sprach sie tagelange nicht mehr.“ – „Sag besser nichts, sonst schmollt die sofort wieder.“ – „Vorsicht, wenn du anderer Meinung bist als er, ist die Stimmung den ganzen Tag im Eimer.“ Jeder kennt Menschen, die ihre Mitmenschen mit Beleidigtsein manipulieren. Die sich mimosenhaft zurückziehen, herumnörgeln, nur das Negative sehen und nachtragend sind. Das führt fast immer zu Konflikten. Ein friedliches Miteinander ist kaum möglich. Denn wer mit Beleidigtsein kommuniziert, irritiert, verärgert oder vertreibt seine Mitmenschen.

Offiziell ist der Eingeschnappte gar nicht beleidigt

Auf den ersten Blick erscheint die Rolle des Eingeschnappten sehr praktisch. Er wäscht seine Hände in Unschuld. Denn wenn sein Gegenüber ihn als beleidigte Leberwurst angreift, geht das ins Leere. Offiziell ist er nämlich angeblich gar nicht beleidigt. Ein „Mensch, sei doch nicht so“ oder „Warum wirst du denn gleich wieder muffelig?“ lässt sich aus seiner Sicht leicht kontern: „Wieso, ich bin doch ganz normal. Wer sagt denn, dass ich stinkig bin?“ Der Nachweis ist schließlich schwer zu erbringen, wenn jemand nur verstummt. Wer hingegen schreit, offenbart seine Wut. Wer angreift, muss den Mut dazu aufbringen und objektiv bestimmbare Argumente oder Meinungen von sich geben. Stummes Beleidigtsein aber lässt sich nicht messen.

Die Beleidigten gefallen sich in der Rolle des Opfers

Der Beleidigte gefällt sich in der Rolle des unschuldigen Opfers, indem er sein Gegenüber zum Angreifer macht. Mit der Schmoll-Attacke kann er auf den vermeintlichen Täter losgehen, ohne sich selbst einem Risiko auszusetzen. Er hat ja gar nichts gemacht. Dass genau das das Schlimme ist, verdreht den Konflikt und führt automatisch zum Rollentausch. Der Beschuldigte fühlt sich als Täter und kann den unausgesprochenen Vorwürfen nichts entgegensetzen. Das macht hilflos und unzufrieden. Wir würden die Begegnung mit Mimosen am liebsten vermeiden. Doch hat man sie im Kollegen- oder Familienkreis, ist das kaum möglich.

Schmollende brauchen den Applaus von anderen

Welche Menschen sind besonders schnell eingeschnappt? Meist sind es Frauen und Männer, die es schlecht ertragen, wenn sie nicht bewundert werden. Versichern andere ihnen nicht die erwünschte Wertschätzung, sollen die bestraft werden. Der Schmollende braucht den Applaus, weil er sich selbst nicht genug ist und sich ohne Bestätigung von anderen als zu wenig wertvoll erlebt. Wer dauernd etwas „in den falschen Hals kriegt“, will auf eine Weise geachtet, anerkannt und geliebt werden, die kaum jemand erfüllen kann.

Beleidigte haben häufig seelische Probleme

Menschen, die sich im Konfliktfall immer still ins Schneckenhaus zurückziehen, haben meist seelische Probleme, die sowohl die privaten als auch die beruflichen Beziehungen stören. Die Mimosen verstehen Dinge, die für andere ganz normal sind, als Angriff oder als Missachtung. Deuten Worte falsch, glauben, dass andere es ohnehin nicht gut mit ihnen meinen. Oft haben Beleidigte auch zu hohe (und deshalb unrealistische) Erwartungen an Beziehungen oder Freundschaften. Werden die nicht erfüllt, sind die Betroffenen überzeugt, dass es an ihnen selbst liegt („ist ja klar, mich mag sowieso keiner“). Mit Schmollen versuchen sie dann, bei anderen Schuldgefühle hervorzurufen. Doch die Rechnung geht selten auf, denn sie kommt einer emotionalen Erpressung gleich.

Beleidigt sein: Die Mitmenschen sind genervt

Die Folge: Partner, Kollegen und Bekannte sind genervt. Wenn ihnen etwas an den Betroffenen liegt, versuchen sie anfangs zu beschwichtigen („sei doch nicht so empfindlich, jetzt bitte nicht gleich wieder einschnappen, hör doch mal auf, ständig überzureagieren“). Ändert das nichts, trauen die anderen sich bald kaum noch etwas zu sagen, um die Stimmung nicht zu verderben. Sie denken über jedes Wort nach. Könnte das meinen Partner kränken? Spontaneität und Freude gehen verloren. Die „Opfer“ der Beleidigten ziehen sich zurück. Bei Paaren kommt es dann oft zu Trennungen, im Job isolieren die Eingeschnappten sich zunehmend und geraten in den Mich-mag-keiner-Teufelskreis.

Der Umgang mit Mimosen: Bleiben Sie gelassen

Was kann man tun? Wer sich nicht erpressen lassen will, geht meist nach einiger Zeit von selbst auf Abstand. Denn die Treffen sind kraftraubend und unerfreulich. Ist man jedoch aufs Zusammensein angewiesen (zum Beispiel im Job oder in der Familie), kann Vorbereitung hilfreich sein. Die meisten Menschen reagieren berechenbar. Sie werden sich nicht von heute auf morgen verändern. Deshalb konzentrieren Sie sich lieber auf das, was Sie selbst ändern können, ohne dem anderen nach der Nase zu tanzen, nur weil der sonst beleidigt ist.

Das schmollende Gegenüber ist nicht glücklich in seiner Rolle

Meiden Sie Themen, die erfahrungsgemäß zu Konflikten führen. Lassen Sie sich nicht provozieren. Gegenangriffe verschlimmern die Lage nur. Meiden Sie Immer-Vorwürfe („immer bist du gleich …“), und achten Sie auf die Ich-Form („ich glaube, dass …“ statt „das ist falsch“). Bleiben Sie ruhig und machen Sie sich klar, dass Ihr schmollendes Gegenüber alles andere als glücklich ist. Versuchen Sie die Zeit des Miteinanders kurz zu halten. Und vor allem: Ziehen Sie sich den Schuh nicht an. Lassen Sie sich nicht auf die Spielchen der Beleidigten ein. Sie müssen sich weder rechtfertigen noch entschuldigen. Denn dann hat der Dicke-Luft-Verursacher sein Ziel erreicht und wird es beim nächsten Mal wieder genauso machen.

Überraschung: Eine Charme-Offensive verbessert die Lage

Manchmal hilft auch eine Überraschungsstrategie: Seien Sie nett, freundlich und – auch wenn es schwerfällt – geduldig. Loben Sie alles, was gut läuft, und überhören Sie das Negative einfach. So eine Charme-Offensive kann zu Veränderungen führen. Denn auch mürrische Zeitgenossen merken, dass ein friedliches Miteinander gut tut. Ansonsten hilft es nur, die Kunst des An-sich-Abprallen-Lassens zu lernen. Lenken Sie sich ab, denken Sie nicht an den Quälgeist. Tun Sie Dinge, die Sie auf andere Gedanken bringen, statt sich in unnötige Konflikte hineinzusteigern.

Foto: Albert

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