Krätze erkennen und behandeln

Fiese Parasiten unter der Haut: Hilfe, wir haben Krätze

Schlimmer Juckreiz und Ausschlag – Symptome der Hautkrankheit erkennen und behandeln

VON JOSINA HENNES

Krätze – allein das Wort kann bei empfindlichen Menschen schon Juckreiz und Ekel auslösen. Nicht umsonst schimpfen wir, wenn etwas besonders Fieses droht: „Ich glaube, ich kriege die Krätze.“ Meist denkt man dabei ans Mittelalter, an dreckige Unterkünfte, schmutzige Spelunken, ungewaschene Menschen und Krankheiten, die eigentlich längst ausgerottet sein sollten. Doch das ist falsch. Die lästige Hautkrankheit gibt es immer noch. Sie ist auch in Deutschland nie ganz verschwunden und tritt mancherorts sogar gehäuft auf. Da Krätze nicht meldepflichtig ist, existieren keine genauen Zahlen. Vor einigen Jahren stellte die Barmer Krankenkasse fest, dass die Verordnungen von Krätze-Medikamenten innerhalb eines Jahres um 60 Prozent gestiegen sind. Das legte die Vermutung nahe, dass die Zahl der Erkrankten ähnlich hoch ist. Krätze lässt sich weder mit Wasser noch mit Seife bekämpfen. Skabies, so die medizinische Bezeichnung, abgeleitet vom lateinischen „scabere“ für „kratzen“, treibt die Betroffenen mit juckendem Hautausschlag zur Verzweiflung. Was ist passiert, wenn es heißt: Hilfe, wir haben Krätze?

Winzige Spinnentiere bohren Gänge in die Haut

Auslöser sind sogenannte Krätzmilben. Dabei handelt es sich um winzige Spinnentiere, die von einem Menschen zum nächsten krabbeln. Die gefräßigen Parasiten sind nur 0,3 bis 0,5 Millimeter klein, also kaum zu erkennen. Sie paaren sich auf der Haut. Danach sterben die männlichen Milben, die befruchteten weiblichen dringen in die Haut ein, bohren Tunnel und legen darin ihren Kot und ihre Larven ab. Die schlüpfen bereits nach zwei bis drei Tagen, schwärmen aus an die Oberfläche der Haut und werden dort in zwei bis drei Wochen geschlechtsreif.

Symptome erst nach zwei bis fünf Wochen

Besonders tückisch: Erste Symptome treten erst nach zwei bis fünf Wochen auf. Bei so einer langen Inkubationszeit, also der Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit, wird selten zeitig behandelt. Deshalb ist die Gefahr groß, andere anzustecken. Für die Betroffenen ist das Thema häufig tabu. Selbst Ärztinnen und Ärzte verwechseln die Symptome leicht mit denen anderer Hautkrankheiten wie zum Beispiel Allergien. Typisch sind kleine Bläschen auf der Haut, die sich am Ende der Milbengänge bilden, Ausschlag mit Rötungen und unerträglicher brennender Juckreiz, vor allem nachts. Krätzmilben mögen warme, dünnhäutige Körperstellen zwischen Fingern und Zehen, an den Innenseiten der Unterarme, an Fußrändern, in den Achselhöhlen und im Genitalbereich.

Ansteckung bei längerem Hautkontakt

Die Milben verbreiten sich von Mensch zu Mensch – vor allem bei Hautkontakt, der länger als fünf bis zehn Minuten dauert. Eine Ausnahme sind die hoch ansteckenden Borkenkrätze, die auch bei kurzen Kontakten übertragen werden, weil sich dabei sehr viele Milben auf der Haut befinden. Skabies brechen häufig in Einrichtungen oder an Orten aus, an denen mehrere Menschen über längere Zeit Hautkontakt haben, weil sie eng zusammen leben oder medizinisch versorgt werden müssen. Das kann im privaten Bereich, in der Familie, in der Partnerschaft, aber auch in Kitas, Schulen, Krankenhäusern, Pflege-Einrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder Obdachlosenasylen sein. Ohne einen Verdacht auf Krätze im näheren Umfeld kann man sich kaum davor schützen. Auf Bettwäsche, Handtüchern, Decken, Matratzen oder Kleidung können die Parasiten nicht länger als etwa zwei Tage überleben. Anders als oft vermutet, werden sie selten auf diesem Weg übertragen. Ausnahme sind auch hier die Borkenkrätze.

Zur Untersuchung und Körperkontakt meiden

Wer mit Krätze-Verdacht zu einer Ärztin oder einem Arzt geht, wird gründlich untersucht. Mediziner brauchen einen eindeutigen Nachweis, um mit einer Behandlung zu beginnen. Sie suchen mit einem Auflichtmikroskop nach Milben, Gängen, Eiern und Ausscheidungen. Die Tatsache, dass Familienmitglieder oder andere enge Kontaktpersonen infiziert sind, ist zwar kein Nachweis, macht die Krankheit aber sehr viel wahrscheinlicher. Um genauer zu untersuchen, muss die Haut eventuell mit einem Skalpell abgetragen werden. Da viele Erkrankte nur wenige Milben haben, kann ein direkter Nachweis schwierig sein. Meist wird die Diagnose dann anhand der typischen Hautveränderungen gestellt. Ist die Ärztin oder der Arzt unsicher, kann eine zweite Fachmeinung goldwert sein. Auch enge Kontaktpersonen sollten sich untersuchen lassen und keinen Körperkontakt zu anderen mehr haben, bis das Ergebnis vorliegt.

Cremes töten Parasiten gezielt ab

Es gibt zwei Möglichkeiten, um die Parasiten in der Haut abzutöten: Cremes zur äußerlichen und Tabletten zur inneren Anwendung. Gängige Medikamente zum Auftragen sind Permethrin (zur ersten Behandlung), Crotamiton, Benzylbenzoat und Allethrin. Die Betroffenen müssen damit den gesamten Körper einreiben. Danach sollten sie frische Kleidung anziehen, falls Milben in Textilien überlebt haben. Frühestens nach acht Stunden darf die Creme wieder herunter. Treten nach zwei Wochen immer noch oder schon wieder Anzeichen auf, wird erneut behandelt.

Tabletten helfen von innen nach

Wenn Cremes nicht ausreichend helfen, kommen Tabletten zum Einsatz. Das Wurmmittel Ivermectin tötet die Milben in der Regel zuverlässig ab. Es ist erst seit 2016 in Deutschland gegen Skabies auf dem Markt und deshalb noch recht unbekannt. Die Dosis richtet sich nach dem Körpergewicht. Für Schwangere und Kinder unter fünf Jahren beziehungsweise unter 15 Kilogramm ist Ivermectin nicht geeignet. Oft reicht ein Versuch leider nicht. Je nach Verlauf kann es nötig sein, das Medikament nach zwei Wochen noch einmal zu nehmen oder mit Creme und Tabletten doppelt zu behandeln, um den Parasiten endlich den Garaus zu machen.

Wäsche und Polster: Was zu Hause zu tun ist

Auch Zuhause sind einige Maßnahmen erforderlich. Kleidung, Bettwäsche, Handtücher, Kuscheltiere und Co. müssen jeden Tag mit mindestens 60 Grad gewaschen werden. Geht das nicht (zum Beispiel bei Schuhen), kann man die Sachen für vier Tage luftdicht in Plastiksäcken verpacken und bei mindestens 20 Grad lagern. Aber Achtung: Wenn es kühler wird, können Milben überleben. Ebenfalls wirksam ist das Gefrierfach (länger als fünf Stunden bei mindestens minus 10 Grad). Polstermöbel wie Sofas oder Matratzen sollte man absaugen und drei bis vier Tage lang nicht nutzen. Außerdem ist es wichtig, die Fingernägel kurz zu schneiden, denn beim Kratzen gelangen die Milben leicht unter die Nägel und verhindern die Heilung.

Juckreiz auch nach der Behandlung

Wer mit Cremes oder Tabletten behandelt wurde, gilt nicht mehr als ansteckend und kann wieder zur Arbeit gehen. Der Heilungsprozess dauert aber noch länger. Ob Krätze wirklich weg sind, lässt sich erst nach etwa vier Wochen feststellen. Auch wenn die Krankheit nicht mehr ansteckend ist und alle Milben tot sind, bleiben Juckreiz und Hautveränderungen oftmals bestehen, denn der Körper kämpft noch mit Entzündungen gegen die Überreste der Parasiten. Dann helfen antientzündliche Salben und zusätzliche Hautpflege.

Foto: Albert

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