Telefon, Türklingel, Fernseher – an diesen Dingen können Sie Hörprobleme erkennen
Könnt ihr nicht lauter sprechen? – Flüstert ihr mit Absicht? – Nuschel doch nicht so! – Geht‘s auch etwas deutlicher? Solche Sätze fallen häufig, wenn ältere Menschen mit Jüngeren zusammensitzen. Mal ist es als freundliche Bitte gedacht. Manchmal fällt es aber auch aggressiv aus. Die anderen sollen sich bitte schön ein bisschen anstrengen und Rücksicht nehmen. Solche Wünsche sind aus Sicht der Älteren durchaus berechtigt, für Jüngere, die noch gut hören, allerdings eine Herausforderung. Sie haben das Gefühl, sie müssten schreien, um verstanden zu werden. Das macht die Kommunikation schwierig. Und schnell herrscht Funkstille oder Unzufriedenheit.
Realistische Selbsteinschätzung ist schwierig
Wie gut oder wie schlecht höre ich? Die wenigsten Menschen können das selbst realistisch einschätzen. Denn Hörverlust verläuft in der Regel so langsam, dass man am Ende nicht mehr weiß, wie sich gutes Hören anhört. Viele Menschen glauben deshalb, immer noch gut oder halbwegs gut zu hören, auch wenn sie schon mittlere bis schwere Defizite haben. Kein Wunder, ihnen fehlen ja auch die Vergleichmöglichkeiten.
Wenn es lauter wird, mit anderen vergleichen
Woran kann man es trotzdem erkennen? Relativ sichere Hinweise zeigen sich im täglichen Leben. Nutzen Sie dafür zum Beispiel Situationen, in denen es lebhaft und geräuschvoll zugeht. Können Sie noch verstehen, was gesagt wird? Beobachten Sie andere. Sind die noch in der Lage, sich unbeschwert zu unterhalten? Müssen Sie häufiger nachfragen als andere: „Was hast du gesagt?“ Das kann ein Zeichen sein. Schon leichte Hörminderungen beeinträchtigen dann das Sprachverstehen mehr als in ruhiger Atmosphäre, in der man noch alles mitbekommen würde.
Höre ich Telefon, Wecker und Türklingel noch?
Fragen Sie sich auch ehrlich: Wie ist es mit dem Telefon, einem Wecker oder der Türklingel? Ob Sie die wirklich akustisch wahrnehmen, können Sie nur herausfinden, wenn andere mit im Raum sind und wahrnehmen, was Sie nicht (mehr) hören. Wer sich die Lautstärke seines Fernsehers selbst einstellt, empfindet das auf die Dauer als normal. Verstehen Sie es nicht als Angriff, wenn andere Sie darauf hinweisen, dass das Gerät ganz schön laut ist.
Mehr Missverständnisse, Konflikte, Stess und Ängste
Abgesehen davon, dass Sie eventuell Nachrichten, Besuche und Termine verpassen, erhöht sich auch die Unfallgefahr, wenn man etwa im Straßenverkehr herannahende Fahrzeuge, Hupen und Fahrradklingeln nicht rechtzeitig wahrnimmt. Es kommt häufiger zu Missverständnissen, die wiederum Konflikte, Stress und Versagensängste nach sich ziehen. Klarheit schafft ein Hörtest bei einem Hörakustiker.
Hören ist ein sehr komplexer Vorgang
Dazu muss man wissen: Hören ist ein sehr komplexer Vorgang. Zunächst werden die Schallwellen aus der Umgebung in Nervensignale umgewandelt und dann im Hörzentrum des Gehirns ausgewertet. So hören wir Geräusche, Sprache, Musik und mehr. Eine wichtige Rolle spielen dabei die sogenannten Haarsinneszellen im Innenohr. Sie sind dafür zuständig, die mechanischen Schallwellen in Nervenaktivitäten umzuwandeln. Diese filigranen Sinneszellen nutzen sich mit den Jahren ab und verschleißen. Das führt dazu, dass mit der Zeit weniger Reize an die Hörnerven abgegeben werden und weniger Informationen im Gehirn ankommen. Eine Zeit lang lässt sich das kompensieren, denn das Hörzentrum hat genug Erfahrung, um aus bruchstückhaften Informationen herauszuholen, was wichtig ist. Reichen die akustischen Signale aber nicht mehr aus, versteht man immer weniger.
15 Millionen Deutsche hören nicht einwandfrei
Experten gehen davon aus, dass deutschlandweit etwa 15 Millionen Menschen nicht mehr einwandfrei hören. Nur drei Millionen von ihnen lassen sich per Hörgerät helfen, obwohl moderne Hörakustik Einschränkungen gut kompensieren kann. Die Fördergemeinschaft Gutes Hören (FGH) betreibt deshalb im Rahmen gesundheitlicher Vorsorge bundesweit Aufklärungsarbeit über gutes Hören. Unter www.fgh-info.de können Sie zum Beispiel einen Online-Hörtest machen und Hörakustiker in Ihrer Nähe finden.
Foto: Albert