Traditionen und Rituale haben heilende Kraft und helfen in dunklen Zeiten
Endlich dürfen sie wieder raus: Am Fenster laufen Weihnachtsmänner auf Kufen. Rentiere ziehen Schlitten durch den Himmel. Kunstschnee bedeckt winzige Welten. Zwerge mit Zipfelmützen gucken putzig in die Gegend, und dazwischen kullern Christbaumkugeln unter Lichterketten. Alle Jahre wieder das gleiche Zeug – und wieder können wir es kaum abwarten, bis wir den glanzvollen Kleinkram ausbreiten dürfen. Selbst ansonsten eher rationale Menschen kriegen schon beim Gedanken daran leuchtende Augen und haben einmal im Jahr keine Berührungsängste mit Kitsch und Co. Was steckt dahinter? Aus psychologischer Sicht gibt es verschiedene Gründe:
Kindheitserinnerungen: Tröstliche Nostalgie
So viel Gemütlichkeit lässt Erinnerungen wach werden. In der Kindheit ist Weihnachten für die meisten ein stressfreies Fest. Langersehnte Wünsche gehen in Erfüllung. Die Advents- und Weihnachtszeit spricht alle Sinne an. Kerzen leuchten, Lieder bringen Stimmung ins Haus. Es riecht nach Leckerem. Eltern machen es ihren Kindern und sich selbst gerne schön. Oft klappt auch das Nettsein – zumindest eine Zeitlang. Selbst wenn der ganz große Weihnachts-Zauber schon in der Jugend verloren geht, mögen Erwachsene die magische Momente, die später daran erinnern. Denn dann fühlen wir uns auf wohltuende Weise mit der Familie verbunden – manchmal auch mit Menschen, die nicht mehr dabei sind. Das heilt und stärkt die eigene Identität.
Rituale gegen den Kontrollverlust
Kontrolle über das eigene Leben zu haben, ist ein gutes Gefühl. Das lässt sich mit Ritualen rund um die wiederkehrende Weihnachtsdeko verstärken. Wir spüren, dass wir unsere Stimmung zum Guten beeinflussen können, wenn wir die Kellertreppe herunter gehen, um die Advents-Kiste zu holen, das Vertraute aufzubauen und uns daran zu erfreuen. Immer gleiche Traditionen geben dem Leben Struktur und Sinn. Gerade in schwierigen Zeiten haben wir ansonsten oft mit Kontrollverlust zu kämpfen, weil wir uns hilflos fühlen.
Ausgleich für verzerrte Wahrnehmungen
In Krisenzeiten verzerrt sich manchmal die Wahrnehmung. Wir spüren schlechte Erlebnisse besonders stark, während gute in den Hintergrund treten. Da holen wir uns zum Trost gerne Dinge ins Haus, die die Stimmung ein bisschen heben. Sie wecken keineswegs schmerzhaft-wehmütige Erinnerungen, wie man meinen könnte. Im Gegenteil: Der Blick richtet sich nach vorne. Deko gibt dunklen Wintertagen außergewöhnlichen Glanz, wenn ansonsten alles trüb aussieht.
Frühes Loslegen macht länger glücklich
Wenn Sie zu den Leuten gehören, die sich blöd vorkommen, wenn sie bereits im Oktober oder November zu Hause dekorativ aufrüsten, grämen Sie sich nicht länger. Eine britische Studie zeigte: Je früher man anfängt, desto länger hält das Glück. Zwar werden Ungeduldige oft belächelt, sie können aber mit einem Plus an Lebensqualität kontern. Denn Forschungen zufolge haben die Advents-Early-Birds mehr davon als diejenigen, die erst auf den letzten Drücker loslegen. Kurzum: Früher dekorieren macht länger happy.
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