Bretagne, Südbretagne

Familienurlaub in der Bretagne: Am Meer der Legenden

Gewässer voller Tränen und Steine wie Heere – Ferien am Golf du Morbihan in der Südbretagne

Die Straße führt direkt ins Meer. Ganz schön unheimlich – wie im Gruselfilm. Ob uns da jemand reinlegen will? Sicherheitshalber fahren wir nicht weiter, sondern bleiben auf dem Parkplatz am Ufer stehen. Während wir kopfschüttelnd auf die versinkende Fahrbahn starren, knattert eine Familiekutsche vorbei und nimmt langsam, aber sicher Kurs aufs Wasser. Bevor die Reifen nass werden, bremst der Fahrer. Die ganze Sippe steigt aus, läuft umher, die Kinder halten ihre nackten Füßchen ins Meer – bis es plötzlich heißt: Rückwärtsgang rein und nichts wie weg. Das Wasser steigt nämlich so schnell, dass man zugucken kann.

Hier muss man die Gezeiten kennen

Eine Hollywood-Inszenierung? Nein, hier am Golf du Morbihan im Süden der Bretagne ist das normal. Es passiert so regelmäßig, wie jeder Tag kommt und jede Nacht geht, wie das Wasser bei Flut steigt und bei Ebbe wieder sinkt. Ein komisches Stück Erde. Hier muss jeder die Gezeiten kennen, wenn er sein Inselhaus mit dem Auto erreichen will. Oder schwimmen oder ein Schiff nehmen. Etwas umständlich, aber auch aufregend und geheimnisvoll – wie die ganze Region, die voller Geschichten und Legenden steckt.

Die Tränen trauriger Feen

Zum Beispiel die bretonische Legende von der Entstehung des Golfs du Morbihan: Einst sollen Feen das „Kleine Meer“ ins Land hinein geweint haben. Vor Trauer darüber, dass sie vor den Menschen aus ihrem Zauberreich fliehen mussten, sollen die zarten Wesen so lange Tränen vergossen haben, bis der Boden damit bedeckt war. Ihre Haarkränze guckten oben heraus und verwandelten sich in Inseln. Die außergewöhnliche Meereslandschaft entstand. Nicht nur das Wasser spielt in dieser Region eine große Rolle. Der südliche Teil der Bretagne wurde vor allem mit seinen Hinkelsteinen in der Nähe von Carnac berühmt. 2792 Steine – die Kleinsten sind 80 Zentimeter hoch, die Größten messen sechseinhalb Meter – kann man im „Königreich der Steine“ betrachten.

Wer stellte Hinkelsteine auf?

Hier wollen wir Bekanntschaft mit Obelix‘ Lieblingswurfgeschossen machen. Die Kinder stellen enttäuscht fest: „In echt“ sehen die recht klein aus – und weit und breit ist kein Obelix zu sehen, der sie durch die Gegend schleudern könnte. Zum Schutz stehen die Menhire heute eingezäunt da, weil zu viele Besucher den Boden niedertraten, der die Brocken Jahrtausende lang hielt. Warum sie eigentlich hier vor vier- bis sechstausend Jahren aufgestellt wurden, weiß heute niemand so recht. Wissenschaftler – von Archäologen bis zu Ufoforschern – haben sich ohne eindeutiges Ergebnis damit beschäftigt. Sind die Mysterien der frühen Menschheitsgeschichte Kultstätten oder haben sie etwas mit den Gestirnen zu tun? Symbolisieren sie vielleicht Heere, die Angst machen sollten? Oder Grabsteine in spezieller Formation? Bis heute sind die Menhire Rätsel und für Urlauber immer wieder ein attraktives Ziel. Wir spazieren ein wenig um den großen Käfig voller Steine herum, um in der Nähe den nächsten Souvenir-Laden und einen Crêpe-Stand zu finden, uns niederzulassen und gemeinsam zu überlegen, welche Theorie wohl die beste ist.

Am schnellsten per Schiff

Unsere Ferienanlage ist der an drei Seiten mit Wasser umgebene Ort Port du Crouesty, eine große Ansammlung von Ferienhäusern zwischen Hafen und Atlantik. In welche Richtung auch immer wir unser Haus verlassen, das Meer ist zuverlässig vor der Tür – mit einem bewachten Badestrand, einer Landzungen-Spitze zum Wandern mit Aussicht, einem Platz zum Schiffe- und Sonnenuntergänge-Gucken am Hafen und einer Promenade zum Einkaufen. Wer nicht mit auf Entdeckungstour gehen will, kann in der Ferienanlage bleiben. Es gibt organisierte Kinderprogramme oder Freiheit zwischen Ferienhaus, Pool und Strand. Vor der Halbinsel Quiberon wirft der Atlantik hohe Wellen auf; hier stürzen sich erfahrene Wellenreiter an den Stränden zwischen den berühmten Steilküsten ins Wasser – für uns nur etwas zum Zugucken.

Halbinsel mit Begräbnisstätten

Zwischen Port Navalo und Locmariaquer nehmen wir die Fähre für Ausflugsfahrten. Mit dem Schiff kommt man von einem Ort zum anderen wie beim Insel-Hopping. Per Auto müssten wir weit übers Land fahren, die Fähre verbindet zwei Landzungen an ihren jeweiligen Spitzen. Locmariaquer bietet sechs Kilometer feinen Sandstrand und verschluckt Bootsausflüger, die fast stündlich im Hafen angeliefert werden. Einige von ihnen erreichen das Ufer pudelnass. Nicht etwa, weil sie geschwommen wären, sondern weil sie ungünstig saßen und plötzlich eine Wellendusche bekamen.Zahlreiche Dolmen wie der gewaltige Table de Merchands oder der Grand Menhir, der mit 20,40 Metern Höhe der größte vorgeschichtliche Steinzeuge der Bretagne ist, machen das 14 000-Einwohner-Städtchen zur berühmten „Cité mégalithique“.

Fachwerk uns Kopfsteinpflaster

In dem mittelalterlichen Städtchen Auray mit seinem idyllischen Flusshafen stehen Stühle und Tische auf Kopfsteinpflaster. Wir lassen uns sofort auf einen Café aux lait nieder. Auch von hier aus geht der Blick immer wieder aufs Wasser, aufs „Loch“, das als Auray-Fluss in den Ort hineinläuft. Der Postkartenladen vor der Promenade ist ein altes Schiff, das aussieht wie ein Piratenschiff aus dem Bilderbuch. Mit der Bimmelbahn erobern wir Vannes, die Hauptstadt der Region rund um den Golf von Morbihan. Schon Julius Cäsar soll dort vor 2000 Jahren gestaunt haben – und zwar über den Widerstand, den die Bewohner, die Veneter, ihm bei der Eroberung der Bretagne entgegen setzen. Der Widerstand endete hier allerdings nicht so lustig wie in einem anderen legendären kleinen gallischen Dorf. Der Respekt vor der Tapferkeit der Einheimischen hielt Cäsar nicht davon ab, die Veneter zu ermorden oder zu versklaven. Da fällt uns nur ein Satz ein: „Die spinnen, die Römer.“

Reise-Tipps Südbretagne

Wohnen in traditionell bretonischer Architektur: Ferienwohnungen in verschiedenen Größen finden Sie in der Anlage Port du Crouesty – buchbar (www.piereetvancances.de), besonders günstig ist es Ende September und Anfang Oktober. Informationen über die Region gibt`s beim Französischen Fremdenverkehrsamt unter www.bretagne-reisen.de.

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Fotos: Albert