Mit Blick auf die Rente lässt sich ein Immobilienkauf oft noch verwirklichen
Holger und Kathrin ärgern sich schon lange über die hohe Miete und die vielen Treppen in ihrer Altbauwohnung im vierten Stock. Seit die Kinder aus dem Haus sind, ist die 120-Quadratmeter-Wohnung für die beiden 52-Jährigen zu groß. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, um noch einmal umzuziehen. Doch wohin? Für die gleiche Miete würden sie in ihrem begehrten Wohnviertel nur noch halb so viele Quadratmeter bekommen wie vor fünfzehn Jahren. Wäre ein Immobilienkauf da nicht besser? Einen Neubau mit Fahrstuhl und – im Hinblick auf die nächsten Jahrzehnte – gleich seniorengerecht ausgestattet? „Jetzt oder nie“, sagt Holger. Kathrin hat Zweifel. Soll man mit über 50 überhaupt noch ein Eigenheim kaufen?
Immobilienkauf in guter Lage als Wertanlage
Eine Frage, die sich immer mehr Best-Ager stellen. Ob es sich lohnt, in der zweiten Lebenshälfte eine eigene Immobilie anzuschaffen, lässt sich nicht pauschal sagen. Denn es hängt von vielen Faktoren ab. Doch es spricht vieles dafür: Wenn die Lage stimmt, sind die eigenen vier Wände eine sichere Wertanlage, die sich vielfach rentieren kann – als Absicherung fürs Alter, als gute Anlageform und auch als Zukunftssicherung für Kinder und Enkel.
Wer heute 50 ist, hat noch einige Berufsjahre vor sich, verdient meist gut, was auch die Statistik bestätigt: In den letzten Jahren vor der Rente ist das Einkommen überdurchschnittlich hoch. Auch das Vermögen, das die Babyboomer aufgebaut oder geerbt haben, kann sich sehen lassen. 50- bis 59-Jährige können oft doppelt so viel Eigenkapital einbringen wie 30- bis 39-Jährige. Fest steht: Wer ein hohes Einkommen und genug Geld auf der hohen Kante hat, kann sich guten Gewissens zum Kauf entschließen, wenn die Kalkulation so aufgeht, dass die Immobilie bis zur Rente abbezahlt wird. Das heißt, dass man nach zehn bis fünfzehn Jahren schuldenfrei ist. Denn meistens ist das Einkommen im Ruhestand geringer.
Hohe Anfangstilgung, flexible Rückzahlung
Am besten ist dafür ein Darlehen geeignet, das am Ende seiner Laufzeit komplett getilgt ist. Auch die Möglichkeit zu Sondertilgungen sollte drin sein – zum Beispiel, wenn eine Lebensversicherung fällig wird oder jemand mit Abfindung aus dem Berufsleben aussteigt. Ü50er sollten deshalb nach günstigen Angeboten mit hoher Anfangstilgung und flexiblen Rückzahlungsmöglichkeiten suchen.
Als Holger und Kathrin Mitte dreißig waren, haben sie schon einmal über Eigentum nachgedacht, aber sich schließlich dagegen entschieden. Sie wollten sich nicht festlegen. Mittlerweile bereuen sie das, denn die Nachbarn, die seinerzeit in der Umgebung gekauft haben, können sich über Wertsteigerungen um mehr als 50 Prozent freuen. Holger will diesen Fehler nicht noch mal machen, obwohl er weiß, dass die Preissteigerungen in begehrten Großstadtlagen nicht ewig so weitergehen. Weniger Platz, aber dafür mehr Komfort – das würde ihm heute reichen. Holger und Kathrin denken auch an ihre erwachsenen Kinder. Natürlich wollen sie ihnen kein verschuldetes Haus hinterlassen. Falls es mit dem Abbezahlen doch nicht klappt, sollte die Lage deshalb einen sicheren Wiederverkaufswert haben. Das spricht aus ihrer Sicht dafür, möglichst in der Nachbarschaft zu bleiben und dort zu suchen. Immobilien in Ballungszentren sind derzeit teuer, lassen sich aber auch gut wieder verkaufen.
Zum Renteneintritt endlich ins Grüne ziehen?
Doch es gibt auch andere Pläne für einen Neuanfang: Wer vom Landleben träumt, das aber aus beruflichen Gründen nie verwirklichen konnte, will vielleicht im Ruhestand endlich das Haus im Grünen erwerben, das nur halb so viel kostet wie die gleiche Wohnfläche in der Stadt. Mit dem Renteneintritt wäre der Zeitpunkt dafür gekommen.
Wer darüber nachdenkt, sollte sich auch eine andere Frage stellen: Lohnt ein Haus mit Garten wirklich noch? Wie kommen wir zum Einkaufen, wenn wir nicht mehr Autofahren wollen? Sobald Treppen und Gartenarbeit beschwerlich werden, zieht es Senioren in altersgerechte Wohnformen. Das eigene Haus wird zu Last. Schade, wenn man dann nur kurz Freude daran hat. Dazu kommt, dass abgelegene Häuser sich oft nur schwer wieder verkaufen lassen. Potentielle Käufer sind junge Familien, die Wert auf gute Anbindungen legen und oft nicht auf dem Land leben wollen.
Barrierefrei im Zentrum einer Kleinstadt wohnen
Die Alternative: Eine barrierefreie Eigentumswohnung im Zentrum einer Kleinstadt mit guter Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Die ist noch bezahlbar. Man ist auch ohne Auto flexibel und kann so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben. In vielen Fällen denken Best-Ager aber auch in die andere Richtung. Das einst günstige und familienfreundliche Haus auf dem Land oder in der Vorstadt wird nicht mehr richtig genutzt. Die früheren Kinder- und Gästezimmer stehen leer. Es lohnt gar nicht mehr, den Hobbyraum unterm ausgebauten Dach zu beheizen. Im Keller steht überwiegend Krempel, der nicht mehr gebraucht wird. „Eigentlich bewohnen wir nur noch den Küche-Wohn-Essbereich und das Schlafzimmer“, stellen die Eigentümer fest. Ihre Überlegung: „Wir sind doch nur wegen der Kinder aufs Land gezogen. Jetzt wollen wir zurück in die Stadt.“ Auch in solchen Fällen ist man mit einer seniorengerechten Eigentumswohnung in der Stadt gut bedient.
Beim Kauf über 50 an die Zukunft denken
Ob es eine Klein-, Mittel- oder Großstadt wird, hängt nicht nur vom Preis ab. Oft spielt auch die Überlegung eine Rolle, wo die Kinder leben. Oder wo die besten Freunde ihre Lebensherbst verbringen wollen. Die Nähe zu Kindern und Enkeln ist ein wichtiges Argument. Denn auf Freunde in der Nähe ist nicht ewig Verlass. Die, die mit 50 noch eine Rolle spielen, werden vielleicht später ganz woanders hinziehen – nämlich dorthin, wo ihre Kinder leben. All das sollte man bei der Immobiliensuche in der zweiten Lebenshälfte bedenken.
Fotos: Albert