Ebooks und Apps helfen. Doch die meisten setzen weiterhin auf gedruckte Reiseführer
„Das findet ihr doch alles im Internet.“ Wir waren erstaunt, als unsere 25-jährige Tochter mit einem gedruckten Reiseführer über Kreta anrückte. „Nicht so richtig“, sagte sie und strich sanft über das Cover. Offenbar hatte sie das Buch lieb. „Merian Momente Kreta“ stand drauf und ein rührendes Versprechen dazu: Mit diesem Werk kann sie das kleine Glück auf Reisen finden. Mit Karte zum Herausnehmen, die auf den Knien des Beifahrers liegt. Nichts mit Navi, sondern ganz altmodisch. Ab jetzt würde sie die Serie sammeln und sich für jedes Land, das sie bereist, genau dieses Modell kaufen, erklärte sie uns. Die Reihe im Regal würde bald aussehen wie ein Mix aus Bildern von Sehnsuchts-Orten und Trophäen-Sammlung („da war ich schon“). Wir waren ohne Printführer da, wollten nicht oldschool wirken und kämpften mit Online-Karten und anderen digitalen Alternativen, bis wir genervt waren. Der Ausschnitt stimmte nicht, die Quellen waren komisch, das WLAN abgesoffen, der Empfang wackelig – so langsam konnten wir ihre Liebe zum guten alten Buch verstehen und mopsten uns bei der nächsten Gelegenheit ihren Reiseführer.
Gedruckte Reiseführer bleiben im Trend
Dass wir damit im Trend liegen, erfuhren wir erst später. Trotz einer Vielzahl digitaler Angebote stehen gedruckte Reiseführer weiterhin hoch im Kurs. 83 Prozent der Reiseführer-Nutzer greifen auf Bücher zum Anfassen zurück, während nur 7 Prozent Ebooks, 8 Prozent Apps und 16 Prozent andere Online-Angebote nutzen, wie der Report „Reiseführer online oder offline“ des internationalen Marktforschungs-Instituts YouGov ergab. Das gilt nicht nur vor Ort, sondern auch schon bei der Planung. Lediglich knapp ein Fünftel plant online, aber mehr als die Hälfte der Deutschen liest im gedruckten Reiseführer, was ihn erwartet. Die meisten Reisenden, zu denen wir auch gehören, kombinieren digitale und analoge Informationen. Sie ergänzen online, was nicht im Buch steht, oder holen sich aktuelle Veranstaltungs-Tipps aus dem Internet.
Wenn das Netz weg ist, kommt die Karte zum Einsatz
Nur gut, dass unsere alten Reiseführer noch nicht aussortiert sind. Die haben für uns nach dieser Erkenntnis nämlich einen ganz neuen Wert. Wir trauen uns wieder, damit loszuziehen. Der Palast von Knossos wird sich nicht so schnell nennenswert verändern. Wir können ihn im gedruckten Buch angucken und uns aktuelle Ergänzungen aus dem Netz holen. Und wenn das Netz gerade nicht da ist, falten wir die alte Karte überm Knie des Beifahrers auseinander. Welch ein Urlaubsgefühl!
Foto: Albert
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